„Diese Rechtsprechung ist inzwischen durch neue fachliche Erkenntnisse überholt. Eine starre Kontrolle zweimal im Jahr wird mittlerweile als baumpflegerisch nicht sinnvoll und angezeigt angesehen, weil sie den Umständen des Einzelfalles nicht gerecht wird). Dem trägt die von der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e. V. entwickelte Baumkontrollrichtlinie, erstmals erschienen im Dezember 2004, Rechnung, die die Häufigkeit der angemessenen Kontrolle aufgrund forstwissenschaftlicher Untersuchungen nach der Gefahrenlage, der Baumart, dem Standort und dem Alter des Baumes in differenzierter Weise bestimmt. Danach bedürfen Jungbäume in der Regel keiner Kontrolle, gesunde und leicht beschädigte Bäume in der Alterungsphase auch bei erhöhten Sicherheitserwartungen des Verkehrs, die vorliegend auf Grund der Verkehrsbedeutung des in der Nähe des Bahnhofs in Bad Godesberg gelegenen Parkplatzes zu bejahen sind, einer einmal jährlichen Regelkontrolle. Die Alterungsphase beginnt zwischen 50 und 80 Jahren..“
Das OLG Köln folgt hier den Einschätzungen des Sachverständigen zu der 65 – 70 Jahre alten Platane. Danach „war vorliegend in Übereinstimmung mit der Baumkontrollrichtlinie, die den aktuellen Stand der Erfahrungen und Technik der Forstwissenschaft wiedergibt“, ein Kontrollabstand von ein bis zwei Jahren ausreichend. Das Gericht äußert sich dann speziell zu den Kontrollabständen bei Massaria-Befall und stellt ebenso wie bereits das LG Köln und das LG Bonn fest, dass bei Erstbefall mit der Krankheit eine Regelkontrolle vom Boden aus in den gewöhnlichen und hier nach den FLL-Baumkontrollrichtlinien angezeigten Abständen ausreicht. Das gälte auch bei einer normalen Totholzbildung, die keine zusätzliche Kontrolle erfordere. Das Gericht stellt aber klar, dass im vorliegenden Fall etwas anderes dann gelten würde, wenn bereits seinerzeit Anzeichen eines Massaria-Befalls erkannt worden wären bzw. bei ordnungsgemäßer Prüfung hätten festgestellt werden können. Denn für den Fall einer Massaria-Erkrankung, die durch äußerst rasche Totholzbildung geprägt sei, müsse eine Überprüfung in kürzeren Intervallen erfolgen.
Veröffentlichung in der Zeitschrift Versicherungsrecht
Die Urteile zur Verkehrssicherungspflicht bei Massaria-Befall sind in Heft 29 der Zeitschrift Versicherungsrecht mit folgenden Leitsätzen veröffentlicht:
Gebotene Sichtkontrolle von Bäumen auf einem öffentlichen Parkplatz
BGB § 839, GG Art. 34
1. Die Richtlinie zur Überprüfung der Verkehrssicherheit von Bäumen der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V. (stets aktuelle Ausgabe) gibt hinsichtlich der Häufigkeit von Baumkontrollen die Regeln der Technik auf dem aktuellen Stand wieder. Danach kann die Sichtkontrolle von Bäumen auf einem öffentlichen Parkplatz in jährlichen Abstand ausreichend sein.
2. Gibt es bei Platanen Anzeichen für einen Befall mit der Massariakrankheit, ist die Kommune verpflichtet, die Kontrollen zu intensivieren.
(478) OLG Köln, Urteil vom 29.7.2010 (7 U 31/10)
(= VersR 2010, 1328)
Gebotene Sichtkontrollen von Straßenbäumen
BGB § 839, GG Art. 34
1. Die Richtlinie zur Überprüfung der Verkehrssicherheit von Bäumen der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V. von 2004 (stets aktuelle Ausgabe), nimmt eine jüngere fachwissenschaftlich fundierte Konkretisierung des Kontrollturnusses vor, der einer für einen Baumbestand entlang einer Straße verkehrssicherungspflichtigen Kommune obliegt. Danach kann eine alle zwei Jahre stattfindende Sichtkontrolle von Straßenbäumen ausreichend sein.
2. Es bleibt dahingestellt, ob das Auftreten bzw. vermehrte Auftreten der Massariakrankheit in einem bestimmten Baumbestand eine Verschärfung der Verkehrssicherungspflicht dieses bestimmten Baumbestandes zur Folge hat.
3. Jedenfalls solange im konkreten Bestand der Platanen kein massiver Massariabefall festgestellt ist, besteht für die Kommune keine Verpflichtung zu einer Verschärfung der Baumkontrollen.
(= VersR 2010, 1329)