Einkaufsführer für den Straßenbau Deutschland

Expertise gefordert
Stabilisierung nach Erdrutsch stellt hohe Anforderungen

EuGH (Urt. v. 31.03.2022, Rs. C-195/21)
In Bulgarien war eine Straße nach einem Erdrutsch unpassierbar geworden. Für deren Sanierung verlangte der zuständige Bürgermeister, dass der Auftragnehmer Erfahrung mit ähnlichen Arbeiten aus den vergangenen fünf Jahren vorweisen solle. Der Gesamtwert der Maßnahme lag bei lediglich rund 250.000 EUR. Europäisches Vergaberecht spielt dennoch eine Rolle, weil das Geld dafür aus einem europäischen Fonds bereitgestellt wird. Bei der Prüfung dieser Auftragsvergabe hat die Aufsichtsbehörde eine Finanzkorrektur festgesetzt: Die Forderung nach spezifischer Berufserfahrung sei durch das nationale Recht nicht gedeckt, das abschließende Kriterien für die Leistungsfähigkeit von Unternehmen des Bauwesens aufgestellt habe. Insofern sei der Wettbewerb unzulässig eingeschränkt worden.

Dies will der Bürgermeister nicht auf sich sitzen lassen, zumal er wohl persönlich für die Rückforderung eines Teils des europäischen Zuschusses hätte haften müssen. So klagt er im Namen der Gemeinde durch alle bulgarischen Instanzen und landet schließlich vor den Europäischen Gerichtshof. Hier hat er Erfolg!

Da der öffentliche Auftraggeber am besten zur Beurteilung seiner eigenen Bedürfnisse in der Lage ist, habe ihm der Unionsgesetzgeber bei der Festlegung der Auswahlkriterien ein weites Ermessen eingeräumt, erläutert der Gerichtshof. Dies zeige sich u. a. durch die wiederholte Verwendung des Verbs „können“ in Art. 58 der Richtlinie 2014/24. Danach dürfe der öffentliche Auftraggeber in freiem Ermessen diejenigen Teilnahmebedingungen festsetzen, die er für die Ausführung des Auftrags in angemessener Qualität für geeignet erachtet. Wenn aber die europäische Richtlinie dieses Ermessen eröffnet, kann dem Auftraggeber nicht mit der Begründung, seine Anforderung gehe über die von nationalen Vorschriften verlangten Mindestanforderungen hinaus, verwehrt werden, diese spezielle Anforderung zu verlangen, jedenfalls dann nicht, sofern sie durch den Gegenstand des Auftrags gerechtfertigt ist.

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