Einkaufsführer für den Straßenbau Deutschland

Gemauschel mit Folgen
Durchgestochene Preise der Konkurrenz

VK Bund (Beschl. v. 04.07.2022, Az.: VK 2-58/22)
Wie hoch war der Auftragswert wirklich? Diese Frage war entscheidend dafür, ob die Vergabe eines Auftrages überhaupt nachprüfbar war. Nachdem ein Auftragnehmer bei der Sanierung einer Autobahnbrücke eine mangelhafte Leistung abgeliefert hatte – er überschritt den Bauzeitenplan inzwischen schon um mehr als acht Wochen – kündigte der Auftraggeber den Bauvertrag und schrieb die Restleistung rein national neu aus. Ihr Wert blieb knapp unter der Schwelle. (Dass überhaupt nur der Rest betrachtet wurde und nicht das Gesamtvolumen, wurde von dem Auftragnehmer nicht bemängelt, obwohl gerade dies von den verschiedenen Vergabekammern höchst unterschiedlich beurteilt wird.)

Der Altauftragnehmer wollte sich auch an der Neuausschreibung der Restarbeiten wieder beteiligen. Der Auftraggeber hingegen schloss ihn wegen vorangegangener Schlechtleistung aus. Hier kommt wieder ein Unterschied zwischen nationalem und europaweitem Verfahren zum Tragen: Im europaweiten Verfahren ist der Ausschluss wegen Schlechtleistung nur bei (wirksamer) Vertragskündigung möglich. Eine solche Einschränkung gibt es national nicht. Im europaweiten Verfahren hätte der Schlechtleister also die Möglichkeit gehabt vorzutragen, dass seine Kündigung rechtswidrig gewesen sei, und auf diesem Wege versuchen können, den Ausschlussgrund zu kippen.

Mit Beidem aber kann er nicht durchdringen, was auf sein eigenes unredliches Verhalten zurückzuführen war. Er hat nämlich zur Untermauerung seiner Behauptung, der Schwellenwert sei überschritten, Kalkulationen seiner Konkurrenten vorgelegt, deren Herkunft er nicht erläutern konnte. Die Vergabekammer schließt daraus, dass der Geheimwettbewerb gestört war. Demnach ist weder gesichert, dass alle eingegangenen Angebote unabhängig kalkuliert waren, noch dass sie tatsächliche Marktpreise widerspiegeln. Sind die Preise aber manipuliert, taugen sie nicht als Indiz dafür, dass die niedrige Auftragswertschätzung des Auftraggebers fehlerhaft gewesen sein könnte.

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