Einkaufsführer für den Straßenbau Deutschland

Geringer Kurvenradius
Besondere Bauhöhe für die Gleitwand

VK Bund (Beschl. v. 08.03.2022, Az.: VK 2-16/22)
Im Zuge der Fahrbahnsanierung sollten auch die Fahrzeugrückhaltesysteme im Mittelstreifen einer Autobahn ausgetauscht werden. Die Baustelle stellte dabei erhöhte Anforderungen an die Ausführung der Arbeiten, denn in diesem Abschnitt von gut einem Kilometer Länge liegt eine Kurve mit Gefälle, die einen besonderen Unfallschwerpunkt bildet. Ursprünglich wurde die Stecke vor fast 90 Jahren errichtet und wurde vor 30 Jahren auf sechs Fahrspuren ausgebaut. Dabei weist die Kurve nun gemessen an den Mindeststandards der Richtlinie für die Anlage von Autobahnen (RAA) einen zu engen Kurvenradius bei gleichzeitig zu geringer Querneigung und einer zu hohen Längsneigung auf, woraus sich Probleme für die Fahrbahnentwässerung ergeben. Deswegen verlangt der Auftraggeber, hier abweichend von den aktuellen Richtlinien eine höhere Betongleitwand zu errichten.

Ein Bieter sieht das als eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung an, weil entsprechend hohe Wände von nur einem einzigen Hersteller angeboten würden. Er ist der Ansicht, dass es ausreichen müsse, Betongleitwände anzubieten, die den heutigen Richtlinien entsprechen. Nach abschlägiger Antwort auf seine diesbezügliche Bieterfrage reicht er einen Nachprüfungsantrag ein.

Er bleibt erfolglos. Der Auftraggeber konnte darlegen, dass der geringe noch zur Verfügung stehende Platz es nicht möglich macht, Gleitwände des Wirkbereichs W3 aufzustellen, wie es eigentlich aufgrund der Unfallhäufigkeit geboten wäre. Auch sei es wegen deren größerer Breite nicht möglich, Systeme der Aufhalteklassen größer H2 zu verbauen. Deswegen entschied sich der Auftraggeber für einen Kompromiss: Wirkbereich W1 mit Aufhalteklasse H2, jedoch mit atypisch größerer Bauhöhe, um das Überkippen von (insbesondere Gefahrgut-)LKW zu verhindern, was wegen des angrenzenden Wasserschutzgebietes erforderlich ist. Diese Kompromisslösung erscheint der Vergabekammer einleuchtend und vom Auftragsbestimmungsrecht gedeckt. Sie rechtfertigt die Abweichung von aktuellen Richtlinien.

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