Einkaufsführer für den Straßenbau Deutschland

Keine Nichtigkeit unter der Schwelle
Auftraggeber kann sich nicht vom Vertrag lösen

OLG Brandenburg (Urt. v. 21.03.2024, Az.: 12 U 195/22)
Der Hintergrund dieses Rechtsstreites ist kurios und weist auf eine Vielzahl von Fehlern auf der Auftraggeberseite hin. Von besonderer Brisanz ist der Versuch des Auftraggebers, einen seiner Fehler auszunutzen, um sich einer Schadenersatzforderung zu entziehen. Der Fall verhält sich wie folgt: Die Kommune hatte für die Überwachung des fließenden Verkehrs ein Unternehmen damit beauftragt, Geschwindigkeitsmessungen durchzuführen. Eine Ausschreibung hat nicht stattgefunden. Das Vertrags¬werk sah vor, dass die Kommune dem Messdienstleister ein Entgelt schuldet unabhängig davon, ob bzw. wie häufig er Messungen durchführt. Diesen Vertrag musste die Kommune kündigen, nachdem das OLG Frankfurt am Main 2019 festgestellt hatte, dass derartige Verträge nicht mit den Anforderungen des § 47 OWiG in Einklang zu bringen sind.

Für die nicht mehr ausgeführten Messungen verlangt der Dienstleister nun Ersatzzahlungen, weil der Vertrag ohne sein Verschulden vorzeitig beendet worden ist. Hiergegen wendet die Kommune ein, der Vertrag sei ohnehin von Anfang an nichtig, weil er unter Missachtung des Vergaberechtes freihändig geschlossen worden war.

Damit kann er das OLG nicht überzeugen. Der Auftrag könnte namentlich allenfalls dann unwirksam sein, wenn EU- Vergaberecht überhaupt anzuwenden gewesen wäre. Dafür war allerdings die Auftragssumme zu niedrig. Eine Analoganwendung für Unterschwellenvergaben ist nicht vorgesehen. Die dafür einschlä¬gige Unterschwellenvergabeordnung kennt die Rechtsfolge der Nichtigkeit nicht. Auch bei einer höheren Auftragssumme könnte der Auftraggeber sich nicht auf die Nichtigkeit seines rechtswidrig geschlossenen Vertrages berufen. Denn die Nichtigkeit müsste zuvor in einem Vergabenachprüfungsverfahren festgestellt werden, welches zum Zeitpunkt des Rechtsstreites nicht bestand und dessen Einleitung bereits verfristet wäre. Und dieses Verfahren kann keiner der Vertragspartner einleiten, sondern nur ein Dritter, falls der ebenfalls am Auftrag interessiert war.

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